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Was ist virtuelles Wasser?


Bei der täglichen Nutzung von Wasser im Haushalt verbrauchten die Deutschen im Jahr 2017 durchschnittlich 123 Liter der kostbaren Flüssigkeit - am Tag. Bei dieser Zahl wurden all jene Situationen berücksichtigt, in denen wir alle tagtäglich in direkter Weise Trinkwasser konsumieren: seien das Baden oder Duschen, Wäsche waschen, die Toilettenspülung oder das, was wir an Wasser trinken und zum Kochen nutzen. Doch diese Zahl ist irreführend, möchte man begreifen, wie viel Wasser durch unseren Lebensstil tatsächlich verbraucht wird. Denn in Zeiten von differenzierten Produktionsketten und globalem Handel erleben wir gar nicht mehr mit, wie viel Wasser an mitunter weit entfernten Erdteilen für die Herstellung von Gütern verwendet wird, die wir als Verbraucher am Ende konsumieren. Nichts Anderes wird durch den Begriff "Virtuelles Wasser" ausgedrückt: Dieses ist die Menge an Wasser, die bei der Herstellung eines bestimmten Gutes insgesamt aufgewendet wurde. In Deutschland beläuft sie sich auf 4.230 Liter pro Person und Tag - das ist mehr als das 30-fache des direkten Pro-Kopf-Verbrauchs.

Wie wird virtuelles Wasser eingeteilt (grünes, blaues und graues)?

Bei virtuellem Wasser wird zwischen drei Formen unterschieden, die als grünes, blaues und graues Wasser bezeichnet werden.

Grünes Wasser ist dadurch gekennzeichnet, dass es auf natürlichem Wege verbraucht wird. Dabei handelt es sich vor allem um Niederschlag und das Wasser, das als Bodenfeuchte im Erdreich gespeichert ist.

Blaues Wasser wird bei der Produktion dagegen künstlich zugeführt: Ein Beispiel ist das Gießwasser, das man zur Pflanzenzucht benötigt und das zuvor aus dem Grundwasser oder aus Flüssen und Seen entnommen wurde, um es für die künstliche Bewässerung zu nutzen.

Als graues Wasser wird schließlich das Wasser bezeichnet, das bei der Herstellung eines Gutes verschmutzt wurde. Die Menge an grauem Wasser bemisst sich daran, wie viel sauberes Wasser aufgewendet werden müsste, um die verschmutzte Flüssigkeit so weit zu reinigen, dass die enthaltenen Schadstoffe den für Trinkwasser festgelegten Grenzwerten wieder entsprächen.

Welche Beispiele für virtuelles Wasser gibt es?

Ein anschauliches Beispiel für virtuelles Wasser, das in den letzten Jahren häufiger in den Medien thematisiert wurde, gibt die Avocado: Zwar gilt diese als besonders gesund und erfreut sich großer Beliebtheit auch unter Menschen, die eigentlich einen nachhaltigen Lebensstil pflegen. Doch die grüne Frucht verbraucht bei ihrem Anbau ganze 1.000 Liter Wasser pro Kilo - und wird, wie in Chile, zumeist in Ländern angebaut, die selbst keine großen Wasservorkommen besitzen. Noch schlechter ist die Wasserbilanz allerdings bei Fleisch, insbesondere bei rotem Fleisch. So wird für ein Kilo Rindfleisch, das der Verbraucher im Supermarkt kauft, die schwindelerregende Menge von über 15.000 Litern Wasser verbraucht - das meiste davon beim Anbau des Tierfutters, das bei Rindern zumeist aus hochwertigem Getreide und Hülsenfrüchten besteht. Das Fleischbeispiel verdeutlicht besonders gut, dass häufig um mehrere Ecken geschaut werden muss, um den realen Wasserverbrauch eines Gutes zu ermitteln. Doch nicht nur in der Landwirtschaft werden riesige Mengen sauberen Wassers in Produktionsprozessen verbraucht: Die Herstellung eines Autos kostet beispielsweise ungefähr 400.000 Liter Wasser - wobei alle Produktionsschritte miteinberechnet wurden, von der Gewinnung der verbauten Ressourcen bis zur abschließenden Montage. Auch ein Computer benötigt mehr Wasser, als man beim Kauf vermuten würde: etwa 20.000 Liter Wasser stecken in einem handelsüblichen PC.

Warum ist es wichtig virtuelles Wasser zu sparen?

Angesichts des enormen Wasserverbrauchs mancher Produkte liegt es auf der Hand, dass die Einsparung virtuellen Wassers eine zentrale Herausforderung der Zukunft sein muss - denn nur 0,4 Prozent des weltweit vorhandenen Wassers ist Süßwasser und somit für den Menschen überhaupt nutzbar. Gleichzeitig wächst der weltweite Verbrauch der kostbaren Ressource stetig an. Dies liegt zum einen an der wachsenden Weltbevölkerung und zum anderen auch an dem steigenden Lebensstandard insbesondere in einigen Schwellenländern, wo aufstrebende Mittelschichten nach neuen Gütern verlangen und ihre Ernährung zunehmend auf Fleisch umstellen, das in der Produktion deutlich mehr Wasser verbraucht als pflanzliche Nahrung. Schon heute können viele Länder ihre Bevölkerungen nicht mehr mit ausreichend eigenen Wasservorräten versorgen; ein Sechstel der Weltbevölkerung lebt sogar in Regionen mit akutem Wassermangel. Das Weltwirtschaftsforum hat Wasserkrisen im Jahr 2016 deshalb zu einer der größten globalen Gefahren für die Menschheit erklärt. Durch den Klimawandel, so ist anzunehmen, wird diese Gefahr in den kommenden Jahren weiter verschärft werden. Die Reduzierung des Verbrauchs von virtuellem Wasser ist daher unverzichtbar, um zu einem nachhaltigen Umgang mit der Erde zu gelangen und zukünftigen Krisen heute vorzubeugen.

Wie kann man virtuelles Wasser sparen?

Im privaten Rahmen bietet sich eine Vielzahl an Möglichkeiten, den eigenen Fußabdruck an virtuellem Wasser durch kleine Verhaltensänderungen im Alltag zu senken. Dabei geht es vor allem um die Entwicklung eines bewussteren Konsums. So stellt bei Lebensmitteln häufig deren Herkunft ein entscheidendes Kriterium für den Wasserverbrauch da. Der Kauf von regionalem und saisonalem Obst und Gemüse kann zum Beispiel verhindern, dass in südlichen Ländern mit Wasserknappheit ein Großteil der Ressource für die Bewässerung von Feldern eingesetzt wird. Der Verzicht auf größere Mengen an Fleisch im wöchentlichen Speiseplan kann den eigenen Wasserverbrauch ebenfalls signifikant senken. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Kleidung und Textilien möglichst lange zu tragen und bei Verschleiß erst auszubessern, bevor man sie entsorgt. Denn in der Produktion von Kleidern werden große Mengen an Baumwolle verwendet, deren Anbau aber besonders wasserintensiv ist; so werden allein für ein T-Shirt etwa 2.700 Liter Wasser verbraucht. Überhaupt ist die längere Nutzung von Produkten eine sehr gute Methode, um virtuelles Wasser einzusparen; denn kaum ein Wirtschaftsgut kommt heute ohne den Verbrauch enormer Wassermassen aus.

Quellen



Artikel veröffentlicht am 03.06.2019